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Herbststürme: Warum sie uns jedes Jahr heimsuchen

​Jedes Jahr im Oktober und November beginnt das Schauspiel aufs Neue: Herbststürme fegen über das Land, entwurzeln Bäume, peitschen das Meer auf und sorgen für Überschwemmungen an den Küsten. Doch warum treten diese Stürme gerade im Herbst so gehäuft auf? Die Antwort liegt tief in den atmosphärischen Prozessen verborgen, die sich mit den Jahreszeiten verändern.

Ein Tanz der Luftmassen

Im Sommer sind die Temperaturunterschiede zwischen den nördlichen und südlichen Regionen Europas eher gering. Doch sobald der Herbst Einzug hält und die Sonne weniger Kraft hat, kühlt sich die Luft im Norden rasch ab. Während das Mittelmeer noch angenehme 20 Grad Celsius erreicht, müssen die nördlichen Regionen bereits mit Frost rechnen. Diese starke Temperaturdifferenz führt zur Ausbildung der sogenannten Polarfront – einer Luftmassengrenze, die kalte Polarluft von wärmeren Luftmassen trennt. Entlang dieser Front wehen kräftige Westwinde, die den gesamten Nordatlantik und Europa beeinflussen. 


Der Jetstream als Motor der Herbststürme

Ein weiteres entscheidendes Element ist der Jetstream, ein starker Höhenwind, der sich in rund 8 bis 11 Kilometern Höhe über der Erde bildet und in west-östlicher Richtung verläuft. Im Herbst wird dieser Wind stärker, weil die Temperaturgegensätze zwischen den Luftmassen zunehmen. Der Jetstream fungiert dabei wie eine Art Autobahn für Tiefdruckgebiete: Er schiebt die entstehenden Sturmsysteme mit hoher Geschwindigkeit voran und sorgt dafür, dass diese sich intensivieren. 


Zyklogenese: Die Geburt eines Sturmtiefs

Die Entstehung eines Herbststurms beginnt meist über den Ozeanen. Hier fällt der Luftdruck in einem kleinen Gebiet, und feuchte, warme Luft steigt auf. Diese aufsteigende Luft kondensiert zu Wolken, wodurch Kondensationswärme freigesetzt wird. Dies verstärkt den Auftrieb und sorgt für eine weitere Abkühlung der Luftmassen im Zentrum des Tiefs. So entwickelt sich das Tiefdruckgebiet weiter zu einem ausgewachsenen Sturmtief – ein Prozess, den Meteorologen als Zyklogenese bezeichnen. 


Je tiefer der Druck, desto stärker der Sturm

Der entscheidende Faktor für die Stärke eines Sturms ist der Luftdruckunterschied zwischen dem Zentrum des Tiefs und der umgebenden Atmosphäre. Dieser Unterschied lässt sich auf Wetterkarten anhand der sogenannten Isobaren – Linien gleichen Luftdrucks – erkennen. Liegen diese Linien besonders dicht beieinander, bedeutet das, dass die Windgeschwindigkeit zunimmt. Im Sturm erreichen die Winde oft Geschwindigkeiten von bis zu 75 km/h, bei starken Sturmsystemen sind Orkanböen von über 120 km/h keine Seltenheit. 


Warum gerade im Herbst?

Der Herbst bringt nicht nur die stärkeren Temperaturkontraste, sondern auch mehr Feuchtigkeit in die Atmosphäre. Die Ozeane sind noch warm und geben Wärme und Feuchtigkeit an die Luft ab. Diese Feuchtigkeit wird in die Sturmsysteme eingespeist und verstärkt die Niederschläge. Während also im Sommer vor allem schwache Tiefdrucksysteme vorherrschen, führt der Herbst zur Entstehung der gefürchteten Herbststürme, die häufig bis in den Winter andauern. Zusammenfassend lässt sich sagen: Herbststürme sind ein unvermeidliches Phänomen der Übergangsjahreszeit. Sie entstehen durch das Zusammenspiel von sinkenden Temperaturen im Norden, warmen Meeren im Süden und den dynamischen Prozessen der Atmosphäre. Während die Stürme vorübergehen, hinterlassen sie oft deutliche Spuren – sei es durch entwurzelte Bäume, zerstörte Küstenabschnitte oder heftige Niederschläge. Die Natur erinnert uns dabei jedes Jahr daran, dass sie das Wettergeschehen fest in ihrer Hand hält.